23.11.21
„Für mich fühlt sich die Oberfläche der S6L an, als hätte ich ein Smartphone in der Hand“
Das Landestheater Detmold erweitert sein VENUE-Setup um das dritte Live-Sound-System. Im Interview: Vladimir Karadjov und Timo Hintz vom Landestheater Detmold.
Das Landestheater Detmold ist ein Fünfspartenhaus (Musiktheater, Schauspiel, Ballett, Junges Theater und Konzert) und das größte der vier Landestheater in Nordrhein-Westfalen. Zudem hat sich das Theater den Ruf als „größte Reisebühne Europas“ erworben – rund 50 Prozent der knapp 600 Vorstellungen pro Spielzeit werden deutschlandweit absolviert. Ob zuhause oder unterwegs – mit mittlerweile drei VENUE | S6L in unterschiedlicher Kanalbestückung können sich das Ensemble und die Tonabteilung auf die ganze Power und Flexibilität der Avid Live-Sound-Systeme verlassen. Neben den bestehenden VENUE | S6L Bedienoberflächen 16C und 32D hat das Theater jüngst in eine S6L-24D mit 24+2 Fadern und drei integrierten Touchscreens investiert.
Im Interview berichten Timo Hintz, Leiter der Tonabteilung, und sein Kollege Vladimir Karadjov, wie die unterschiedlichen VENUE-Systeme eingesetzt werden, welche Features das Team im Theater nicht mehr missen möchte und warum Vladimir die S6L-Oberfläche an ein Smartphone erinnert.
Für welche Aufgaben kommen die VENUE | S6L Live-Sound-Systeme im Theater zum Einsatz?
Vladimir Karadjov: Wir benutzten die S6L Konsolen hauptsächlich zum Mischen von Musical- und Schauspielproduktionen, aber auch zur Verstärkung von Konzerten, Galas und Reden. Wir sind ein Fünfspartenhaus und führen Produktionen unterschiedlichsten Umfangs auf. Genau dies ist das Besondere am Theater. Grob kann man sagen: die 16C kommt bei Märchen-Gastspielen im Winter, für kleinere Schauspielstücke und Konzerte zum Einsatz, die neu erworbene 24D hauptsächlich für Schauspielstücke mit mehr als zehn Darstellern, und die 32D wurde bislang in jedem Musical verwendet.
Timo Hintz: In den Lockdown-Phasen konnten wir das Pult zudem für die vielen Mitschnitte verwenden, wie unser vielfältiges Online-Streaming-Angebot aus dieser Zeit beweist. In dieser Hinsicht war die nahtlose Anbindung von ProTools ein großer Vorteil, da wir alles direkt auf einer DAW hatten und es so wesentlich komfortabler war, die Kanäle in die Postproduktion zu transportieren.
Wie viele Kanäle liegen bei einer typischen Produktion an den Pulten an?
Vladimir Karadjov: „Typisch“ ist am Theater sehr relativ. Die Anzahl der zu verstärkenden Schallquellen ist stets abhängig vom Umfang der einzelnen Stücke. Die größte Auslastung hatten wir bisher beim Addams Family Musical mit 50 Kanälen – 30 im Orchester und 20 Funkstrecken auf der Bühne. Auch einzelne Register aus dem Chor wurden verstärkt.
Was war der ausschlaggebende Grund für die erneute Investition? Seit wann ist das S6L-24D System im Einsatz?
Timo Hintz: Die dritte S6L ist seit April 2021 im Einsatz. Der Grund für die Investition war in erster Linie der Wunsch der Theaterleitung, mehr Parallelbespielung zu ermöglichen, da wir als Reisebühne viel unterwegs sind. Um dies vollumfänglich zu gewährleisten – und da die tontechnischen Anforderungen, insbesondere im Schauspiel, massiv gestiegen sind – wurde 2020 an mehreren Stellen aufgerüstet und massiv investiert, darunter auch in Microport-Funkstrecken. Durch die dritte S6L können wir zum Beispiel ein Musical-Gastspiel mit der 32D fahren, während im Haus eine Schauspiel-Produktion mit der 24D stattfindet. Mit der 16C lassen sich im Winter Märchen-Gastspiele umsetzen. Im Sommer kommt sie dann im Hoftheater zum Einsatz.
Welche konkreten Vorteile bieten die VENUE | S6L Systeme im täglichen Theaterbetrieb?
Vladimir Karadjov: Mein Kollege Nikolaj Schröder ist sehr vertraut mit der Arbeit in Tonstudios. Er hat bereits mehrere Tonstudios aufgebaut und kennt sich mit diversen DAWs aus. Auch ich bin seit über zehn Jahren begeisterter Cubase-Nutzer. Dies ist einer der Gründe, warum mir die S6L so gut gefällt. Für mich fühlt sich die Oberfläche der S6L an, als hätte ich ein Smartphone in der Hand. Nach kurzer Einarbeitungszeit sitzt jeder Handgriff und man muss sich die Abläufe nicht merken, da es sich fast von selbst erklärt, wie man die jeweilige Einstellung aufruft. Wer, wie ich, mit Computern, Windows, Smartphones, Softwareoberflächen und speziell DAWs aufgewachsen ist, der wird sich zweifelsfrei sehr intuitiv auf den S6L-Oberflächen zurechtfinden. Long-Press, Right-Click für zusätzliche Einstellungen, Copy-Paste jeglicher Einstellung mit einem einfachen Druck auf den Touchscreen. Auch die übersichtlichen und visuell angepassten Plugin-Fenster sind sehr nah an der Softwarelösung am PC, wenn nicht gar identisch. Die Oberfläche ist einfach gut durchdacht. So ist es möglich, einen Kompressor über die Encoder, den Touchscreen oder per Maus einzustellen, ohne sich in tieferen Ebenen zu verirren. Mit maximal drei Klicks ist man überall, ohne die globale Übersicht zu verlieren.
Welche Funktionen der S6L haben dich besonders überzeugt?
Vladimir Karadjov: Ein Alleinstellungsmerkmal der VENUE-Systeme ist mit Sicherheit die Programmierung über „Events“. In der Produktion „Der kleine Horrorladen“ haben wir ein Event so programmiert, dass auf Knopfdruck die drei Soul-Sängerinnen ein Links-Rechts-Panorama erhalten und ein leichter Chorus-Effekt aktiviert wird. Eine andere Taste stellte wieder alles auf Mono, hob die Präsenz der Solo-Sängerinnen leicht an und setzte den Chorus wieder auf Bypass. Einen ähnlichen Effekt haben wir für die Gitarre genutzt. Der Verstärker wurde mit zwei Mikrofonen abgenommen und das Signal im Stereoweg so eigenstellt, dass die Gitarre räumlicher klingt. Uns war es jedoch wichtig, der Gitarre in den Solopassagen mehr Druck zu verleihen. Über ein Event konnten wir den Kompressor und den EQ so einstellen, dass die vorprogrammierten Parameter nur in den jeweiligen Solopassagen aktiviert werden. In der Praxis konnten wir so die komplette Show ohne Szenen mischen. Alles, was wir punktuell brauchten, wurde über getriggerte Events abgerufen.
Auch das einfache Programmieren von Layouts ist ein entscheidender Vorteil. Ein einfaches Fenster mit allen I/O, Aux-Wegen, Matrizen, VCAs sowie das Anwählen eines Faders reicht aus, um in wenigen Sekunden ein komplettes Layout fertigzustellen. Es kam schon oft vor, dass ich während einer Show die Position eines Kanals verschieben musste, während ich mit einer Hand an den Fadern weitergemischt habe. Zudem haben sich die Encoder oberhalb der Fader als echte Allzweckwaffe erwiesen. Ob Send-to-Fader, Monitormix, EQ, Plug-In-Settings oder Kompressor – hier kann ich alles auflegen, was ich während der Show bedienen muss.
Welche Plug-Ins nutzt ihr auf der S6L?
Vladimir Karadjov: Ich muss gestehen, dass wir die volle Bandbreite an Plug-Ins noch lange nicht ausgeschöpft haben. Neben den „üblichen Verdächtigen“ – Kompressor, Multibandkompressor, De-Esser und EQ – haben wir in der Vergangenheit für den Effekt der Pflanze „Audrey“ in „Der kleine Horrorladen“ zum Beispiel einen Vocoder mit einem Octaver kombiniert und diesen dann bei Szenen, in denen die Pflanze wächst, immer stärker hinzugemischt. Der Effekt konnte sich so buchstäblich sehen und hören lassen und wurde dank der integrierten DSP-Prozessoren in Echtzeit gerechnet und war vollkommen latenzfrei zu hören.
Welche S6L-Features wünscht ihr euch für die Zukunft?
Vladimir Karadjov: Eine komplette Bedienung der Kanäle und Parameter über eine Remote-App wäre die perfekte Ergänzung zu einem schon perfekt konzipierten Mischpult. Ich bin jedes Mal gespannt auf das nächste Funktionsupdate ...
Das Avid VENUE | S6L Setup im Landestheater Detmold:
01x VENUE | S6L-32D Surface
01x VENUE | S6L-24D Surface01x VENUE | S6L-16C Surface
03x VENUE | E6L-192 Engine
02x Stage 64 I/O-Rack
01x Stage 32 I/O-Rack
13x SRI-192 Analog Input Card
06x SRO-192 Analog Output Card
02x DNT-192 Dante-Optionskarte
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